Disclaimer:

Diese Geschichte habe ich für meinen Avatar-Charakter "Chigo" geschrieben. Das bedeutet diese Geschichte hat nichts mit mir als Person zu tun. Sie spiegelt mich als Person nicht im geringsten wider, weder von den persönlichen Gefühlen und Verbindungen zu den verschiedenen Personen der Geschichte, noch in den Entscheidungen die getroffen werden.

Also seht dies einfach als schöne Geschichte, die mit mir nichts zu tun hat :D


Chigo

Die Nacht war dunkel und kalt. Ein weiterer Gewittersturm zog auf. Das Wetter ist in den letzten Jahren immer wilder geworden, denn die Energien der Welt sind aus den Fugen geraten. Diese hoch energetischen Gewitter kamen in den letzten Wochen wieder häufiger vor. Die Wellen der wilden Energie schlugen wieder höher und dabei hatten sich alle schon so sicher gefühlt.

Der schwarze Umhang schütze sie vor dem Regen und ließ sie mit dem dunklen Wald verschmelzen. Donner grummelte in der Ferne und kam schnell näher. Die Bäume knartzten in den scharfen Windböen des Sturms. Der Regen peitschte auf ihr Cape, ein dunkler Schatten, lautlos auf der Lauer. Die hohen und dichten Baumwipfel konnten den Regenmassen nichts entgegensetzten.

Das wird eine lange Nacht, flüsterte sie zu sich selbst. Sie war wie ein Raubtier auf der Jagd. Sie lauschte in den Sturm hinein, der Regen machte es ihr schwer zu sehen. Die ausgezeichneten Fuchsaugen ließen sie auch im dunkeln sehen, doch der Regen war heute zu dicht.

Ein Blitz schlug mit einem gewaltigen Krachen unweit der jungen Frau ein. Eine Explosion wehte ihr das Cape aus dem Gesicht, innerhalb weniger Momente waren ihre kupferfarbenen Haare und großen Fuchsohren mit Regen durchtränkt. Sie schlug die Arme schützend vor das Gesicht, der aufgewirbelte Dreck fiel neben ihr zu Boden. Die Gegenwart des Wesens fuhr ihr wie ein Blitz durch den Körper und kribbelte bis in die Fingerspitzen.

Ihre flinken Beine brachten sie schnell zur Stelle der Explosion, ein großer Satz und sie schlitterte auf den gespaltenen Baum zu. Ein kurzer Moment der Stille. Der Regen prasselte laut auf die trockenen Baumkronen des Waldes. Ihre Ohren zuckten unter dem ständigen Rascheln des trockenen Laubs. Ein lauter Donner zerriss das Prasseln, ein Blitz erhellte den Himmel, doch das Licht drang nur spärlich bis zum Waldboden durch. Es reichte jedoch aus, um ihre Umgebung für kurze Zeit zu erhellen. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

Vor ihr glühte ein Körper auf. Ein leichter weißer Schein, er pulsierte in den auf- und abwallenden Energieströmen, die diese Kreatur geschaffen hatten. Es hatte den Körper eines sehr mageren Pferdes, unwirklich in die Länge gezogen. Beine bald doppelt so lang wie die eines normalen Pferdes, Augen schwarz wie die Nacht, statt Fell nur ein leichtes pulsierendes Leuchten nasser Haut. Die Augen des frisch geborenen Energiewesens schluckten jedes Licht, schwarze Löcher, die einem die Seele aus dem Leib ziehen mochten.

Mit einer schnellen Handbewegung öffnete sie den Klettverschluss des Handschuhs ihrer rechten Hand, streifte ihn ab und verstaute ihn sicher. Er entblößte ihre Hand, menschlich aber mit messerscharfen Krallen an den Fingerspitzen. Eine hervorragende Waffe, mit der Neigung zur Selbstverletzung, nichts, was ein Handschuh nicht verhindern könnte.

Dieses Wesen aus wilder Energie war harmlos. Ein schneller Nahkampf stellte keine Gefahr für sie dar. Mit einer geschmeidigen Bewegung sprang sie auf das verzerrte Pferd zu. Das Wesen bäumte sich auf. Ein markerschütterndes, vielstimmiges Wiehern ließ sie einen Herzschlag aussetzen, als sich ihre rechte Hand in die Brust des Wesens bohrte. An der Stelle, wo normalerweise ein Herz sitzen würde, ergriff sie einen weißen, pulsierenden Energiestrang, verfestigte die Energie ihrer Hand und riss ihn dem Wesen aus der Brust. In derselben Bewegung schwang sie ihr Cape schützend vor das Gesicht. Der Körper des leuchtenden Wesens löste sich mit einem gleißenden Blitz in Hitze auf. Für einen kurzen Augenblick kochte die Luft. Donner erschütterte den Wald. Wind und Regen trugen die Dampfschwaden der heißen Luft davon. 

Die Frau mit den Fuchsohren schwang sich in die Baumkronen und lauerte. Sie schloss die Augen, lauschte dem Prasseln und tastete die Umgebung mit ihren Sinnen ab. Jeder Blitzschlag könnte ein weiteres Wesen erschaffen. An sich waren sie harmlos, doch die hohen Energien von Städte und Menschenansammlungen zogen sie an. Ihre Aufgabe war es, das Labor vor den Angriffen zu schützen und alle Erscheinungen zu vernichten. Der Schutz des Labor und seiner Bewohner hatte die höchste Priorität, denn sie war die effektivste Waffe der Menschheit.

Das Gewitter war heftig, aber kurz. Es gab nichts mehr für sie zu tun. In der Ferne erhaschte sie die ersten Farben des neuen Tages. Mit lautlosen Sprüngen schwang sie sich von dem Baum und machten sich auf den Rückweg. Ihr Name war Chigo und sie war die letzte Wächterin der kalifornischen Nordküste.

 

Die Sonne schien bereits über die Baumkronen als sie zurückkehrte. Die große Glasfront der Zentrale strahlte feuerrot in der Morgensonne. Das Gebäude aus Glas, Beton und schwarzem Aluminium sah auf den ersten Blick aus, wie das Werk eines neumodischen Architekten, doch es war ein Kompromiss aus Eile und Verschleierung.

Die große Welle hatte damals einen großen Teil vom Militärlager des Labors in Schutt und Asche gelegt und diese Gebäude wurde in schwindelerregender Geschwindigkeit aus dem Boden gestampft. Das alles für einen Zweck: Die Verteidigung des Labors gewährleisten, denn die Angriffe hatten sich noch nicht gelegt. Die Glastür des Eingang schob sich zischend zur Seite, als sie vor das helle Gebäude trat. Die helle Beleuchtung des Foyers brannte in ihren müden Augen.

“Ah, Chigo, ich habe schon auf Sie gewartet.” ein freudig lächelnder Offizier kam auf sie zu. Sein rotes Haar lag wie immer perfekt. O’Brien, ein irischer Offizier, mit allen Wassern gewaschen. Ihn kann nichts mehr erschüttern. Chigo mochte ihn, er war eine Frohnatur und dennoch zurückhaltend. Weniger aufdringlich als manch andere Gestalten, mit denen sie sich herumschlagen musste.

“Die neuen Quartiere sind bezugsfertig, hier ist Ihre Besucherkarte mit der Nummer. Zutritt sonst mit Handflächen Scan. Für Sie, zweites Obergeschoss. Das heißt übrigens auch, die Taskforce startet bereits morgen.” erkläre O’Brien und drückte ihr die kleine schwarze Karte mit der Nummer 216 in die Hand.

“Das ging aber schnell. Also bekomme ich nun Unterstützung.” Chigo schaute auf den Boden, sie war gern allein und konnte auf Hilfe verzichten. Sie seufzte und musste ihr Schicksal akzeptieren. Mit hängenden Schultern, aus Resignation und Müdigkeit stapfte sie aus dem Gebäude, in Richtung der alten, provisorischen Wohncontainer.

Sie besaß nicht viele persönliche Gegenstände, ihre Wechselwäsche verstaute sie in einer Reisetasche und warf noch dies und das dazu, was sie zu Geburtstagen oder Feiertagen von ihren Kollegen geschenkt bekommen hatte. Die länglichen Wohncontainer waren nur spärlich eingerichtet. Ein einfaches Bett mit Nachttisch, Kleiderschrank und Schreibtisch mit Sitzgelegenheit, so unpersönlich, wie sie sich selbst fühlte. Mit der Tasche in der Hand schaute sie ein letztes mal auf ihre Unterkunft zurück. Sie hatte das Gefühl etwas zu vergessen, nur ein vages Gefühl. So schnell wie das Gefühl kam, verschwand es auch wieder. Sie schüttelte über sich den Kopf und trat ein letztes mal über die Schwelle ihres alten Zuhauses.

 

Das Labor lag nur einen kurzen Fußmarsch vom Militärcamp und der neuen Kommandozentrale entfernt. Das Gebäude selbst war unspektakulär, ein weiterer Glas-Beton Kasten, etwas außergewöhnlich geformt, doch 80% des Gebäudes verliefen unterirdisch. Chigo kannte das Gebäude seitdem sie denken, oder eher, seitdem sie sich erinnern kann und der Anblick jagte ihr auch heute noch einen Schauder über den Rücken. In diesem Gebäude hatte sie viele schlechte Erfahrungen gemacht, doch nun sollte es ihr Zuhause werden.

Das Labormanagement hatte sich Mühe gegeben. Die Quartiere waren alle neu in ungenutzten Abteilungen des oberirdischen Gebäudes erbaut worden. Modern und steril. Die Nummer 216 lag im zweiten Stock des Nordflügels, immerhin hatte man ihnen die beste Aussicht gegeben. Vor diesem Teil des Labors befand sich eine steile Klippe, die die Sicht auf einen sonnengetränkten Wald und die dahinter liegende Pazifikküste freigab.

“Keine Kosten und Mühen gescheut” äffte Chigo die Verantwortlichen nach, sie konnte diese Leute nicht leiden. Ein schneller Handflächen Scan ließ die große Eingangstür aufschwingen und gab den Blick auf die kleine, aber längliche Küche frei. Sie führte direkt in das große Wohn- und Schlafzimmer und wurde durch hohe Glasfenster und einer Balkontür erleuchtet. Das einzige weitere Zimmer war ein kleines Badezimmer, das an die Küche anschloss. Alles für sich, eine solide Einzimmerwohnung, perfekt für ein Mischwesen ohne Möglichkeiten.

Sie verzog den Mund und inspizierte ihr neues Quartier. Der große Wohnraum war bereits hell erleuchtet, die deckenhohen Fenster gaben den Blick auf einen Balkon und die unglaubliche Aussicht frei. Das Bett und eine Kommode am Fußende um die Ecke des L-förmigen Raums. Die Standardausstattung beinhaltete auch Esstisch und Stühle, Bücherregal und einen Lesesessel, sowie eine kleine Couch und einen Fernseher. Die Privilegien erlaubten ihr allerlei Mobiliar auf Kosten des Labors anzuschaffen, doch das interessierte sie kaum. Den Sinn von Dekoration hatte sie noch nicht ganz begriffen.

 

 

Sie ließ ihre Tasche auf einen Stuhl fallen und warf sich bäuchlings auf das frisch bezogene Bett. Ihr Gesicht vergrub sie im Kissen, es roch steril, so wie das gesamte Gebäude, doch sie war zu müde um angewidert zu sein und versank in einen traumlosen Schlaf.